L-Glutamin: Vielseitige Aminosäure mit Bedeutung für den Darm
Dein Darm ist ein echtes Multitalent. Er verdaut tagtäglich große Mengen an Nahrung, versorgt dich mit lebenswichtigen Nährstoffen, ist wichtiger Teil deines Immunsystems und trägt zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Damit all das reibungslos funktioniert, ist eine intakte Darmschleimhaut essenziell. In diesem Zusammenhang spielt eine Aminosäure eine besondere Rolle: Glutamin.
Was ist Glutamin?
Glutamin ist eine semi-essenzielle Aminosäure.1 Das bedeutet: Der Körper kann sie selbst herstellen, jedoch nicht immer in ausreichender Menge. Bei körperlichem oder psychischem Stress, intensiver sportlicher Belastung, einer gestörten Darmbarriere oder assoziierten Erkrankungen kann der Bedarf die Eigenproduktion deutlich übersteigen.
Glutamin übernimmt verschiedene Aufgaben im Organismus1,2:
- Glutamin liefert Energie für Zellen, die sich sehr häufig teilen, z. B. in der Darmschleimhaut und im Immunsystem.
- Glutamin ist eine proteinogene Aminosäure, d. h. sie ist am Aufbau von Proteinen beteiligt und kann so zur Regeneration von Gewebe beitragen.
- Glutamin spielt eine Rolle im Stickstofftransport sowie bei der Regulation des Säure-Basen-Haushalts.
Glutamin ist die häufigste Aminosäure im Blut – ein Hinweis auf ihre hohe Bedeutung für den Stoffwechsel.1,2
Was bedeutet das „L“ in L-Glutamin?
L-Glutamin ist die natürliche und biologisch aktive Form der Aminosäure Glutamin. Das „L“ gibt an, in welcher räumlichen Struktur die Aminosäure vorliegt. Im menschlichen Körper wird ausschließlich die L-Form von Glutamin genutzt. Deshalb spricht man z. B. bei Nahrungsergänzungsmitteln oft von L-Glutamin, um klarzustellen, dass es sich um die für den Menschen verwertbare Form handelt. Die D-Form kommt in der Natur zwar auch vor, spielt im menschlichen Stoffwechsel aber keine Rolle. Vereinfacht wird häufig nur Glutamin geschrieben. Hiermit ist in der Regel L-Glutamin gemeint.
Wie unterstützt Glutamin die Darmschleimhaut?
Die Darmschleimhaut ist eine der größten Schleimhäute des Körpers und eine besonders wichtige Grenzfläche zur Außenwelt. Hier werden lebenswichtige Nährstoffe aus der Nahrung in den Körper aufgenommen, während unerwünschte Stoffe abgewehrt werden. Ist die Darmbarriere geschwächt, können Fremdstoffe leichter in den Körper eindringen – man spricht dann von einem „Leaky Gut“.
Um ihre wichtige Schutzfunktion erfüllen zu können, erneuern sich die Zellen der Darmschleimhaut sehr häufig, im Schnitt alle 1-3 Tage. Für die hierbei ablaufenden, komplexen Stoffwechselprozesse benötigen die Zellen der Darmschleimhaut neben Mikronährstoffen vor allem auch ausreichend Energie. Hierfür nutzen die Darmschleimhautzellen bevorzugt Glutamin.1-3
Wie unterstützt Glutamin das Immunsystem im Darm?
Ein Großteil des Immunsystems ist im Darm aktiv, rund 80 % der aktiven Immunzellen sind dort zu finden. Damit diese Abwehrzellen effektiv arbeiten können, ist eine gesunde Darmschleimhaut wichtig. Glutamin trägt sozusagen doppelt zur Abwehrfunktion bei. Zum einen stärkt es die Barrierefunktion der Darmschleimhaut und zum anderen dient es Immunzellen, wie Lymphozyten oder Makrophagen, als Energiequelle.1-3
Wann benötigst du mehr Glutamin?
In bestimmten Lebenssituationen kann der Bedarf an Glutamin stark ansteigen und die körpereigene Produktion übersteigen. Bei langfristigen Belastungssituationen kann es daher sinnvoll sein, auf eine gezielte Zufuhr über die Ernährung zu achten. Hierzu gehören z. B.:
- Darmbeschwerden wie Blähbauch, Unverträglichkeiten, Leaky Gut oder Reizdarm
- „Silent inflammation“ (chronisch niedrige Entzündungswerte)
- Infekte oder chronische Erkrankungen
- (Chronischer) Stress
- Einseitige oder proteinarme Ernährung
- Einnahme bestimmter Medikamente
- Intensive sportliche Belastung
Welche Lebensmittel enthalten viel Glutamin?
Wer auf eine ausgewogene und eiweißreiche Ernährung achtet, nimmt in der Regel Glutamin über die Nahrung auf. Glutamin ist als Aminosäure natürlicherweise in proteinreichen Lebensmitteln enthalten.2 Besonders hohe Mengen finden sich in:
- Fleisch und Fisch (z. B. Huhn, Rind, Lachs),
- Milchprodukten (z. B. Quark, Joghurt, Käse),
- Eiern,
- Hülsenfrüchten (z. B. Linsen, Kichererbsen, Sojabohnen),
- Nüssen und Samen (z. B. Walnüsse, Kürbiskerne),
- Vollkornprodukten (z. B. Haferflocken, Dinkel),
- Gemüse wie Kohl und Spinat.
Tipp: Bei erhöhtem Bedarf kann die gezielte Zufuhr von Glutamin über Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein.
Fazit: Glutamin – eine unterschätzte Aminosäure?
Als bevorzugte Energiequelle für sich schnell teilende Zellen, wie die Zellen der Darmschleimhaut und des Immunsystems, ist die Aminosäure Glutamin ein zentraler Baustein für eine intakte Darmbarriere. Besonders bei Beschwerden wie einer gestörten Darmbarriere (Leaky Gut), einem gereizten Darm oder bei erhöhter Belastung lohnt es sich, gezielt auf diese vielseitige Aminosäure zu achten.4,5 Eine ergänzende Zufuhr kann die Regeneration der Darmschleimhaut unterstützen und die Barrierefunktion stabilisieren – eine wichtige Grundlage für ein gutes Bauchgefühl.
FAQ: Häufige Fragen zu Glutamin
Was ist Glutamin bzw. L-Glutamin?
Glutamin (genauer: L-Glutamin) ist eine semi-essenzielle Aminosäure. Sie wird im Körper selbst gebildet, allerdings kann in Belastungssituationen der Bedarf die körpereigene Produktion übersteigen. Sie spielt u. a. eine zentrale Rolle im Darm und Immunsystem.
Was ist der Unterschied zwischen Glutamin und Glutamat?
Glutamin ist eine Aminosäure mit vielfältigen Funktionen im Stoffwechsel. Glutamat hingegen ist das Salz der Glutaminsäure, einer verwandten, aber nicht identischen Aminosäure. Glutamat hat im Körper andere Funktionen, insbesondere als Neurotransmitter im zentralen Nervensystem. Zudem ist Glutamat als Zusatzstoff (Geschmacksverstärker) bekannt. Trotz ihrer ähnlichen Struktur handelt es sich also um unterschiedliche Substanzen.
In welchen Lebensmitteln ist Glutamin enthalten?
Glutamin kommt vor allem in eiweißreichen Lebensmitteln vor. Relevante Mengen sind in tierischen Eiweißquellen wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten sowie in pflanzlichen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten, Vollkorngetreiden oder Spinat enthalten. Bei einem erhöhten Bedarf kann auch die Zufuhr über Nahrungsergänzungsmittel eine sinnvolle Option sein.
Wie lange sollte man Glutamin einnehmen?
Die Einnahmedauer hängt vom individuellen Ziel ab. Je nach Situation kann eine Einnahme über mehrere Wochen sinnvoll sein. Häufig wird ein Zeitraum von 4 bis 12 Wochen empfohlen – am besten in Absprache mit ärztlichem oder therapeutischem Fachpersonal.
Literatur
1. Achamrah, N., Déchelotte, P. & Coëffier, M. Glutamine and the regulation of intestinal permeability: from bench to bedside. Current Opinion in Clinical Nutritrion and Metabolic Care 20, 86–91 (2017).
2. Cruzat, V. et al. Glutamine: Metabolism and Immune Function, Supplementation and Clinical Translation. Nutrients 10, 1564 (2018).
3. Wang, B. et al. Glutamine and intestinal barrier function. Amino Acids 47, 2143–2154 (2015).
4. Zhou, Q. et al. Randomised placebo-controlled trial of dietary glutamine supplements for postinfectious irritable bowel syndrome. Gut 68, 996–1002 (2019).
5. Aleman, R.S., Moncada, M. & Aryana, K.J. Leaky gut and the ingredients that help treat it: a review. Molecules 28, 619 (2023).