Person hält sich den Bauch

Löchriger Darm? Was steckt hinter einem „Leaky Gut“?

Blähungen, Unverträglichkeiten, Hautprobleme oder ständige Erschöpfung – doch alle Befunde sind unauffällig? Hinter diesen diffusen Beschwerden könnte ein „Leaky Gut“, also ein durchlässiger Darm, stecken. Eine intakte Darmbarriere ist entscheidend für die Gesundheit. Ihre Schwächung kann sich weit über den Bauch hinaus auswirken.


Was ist ein „Leaky Gut“?


Die Bezeichnung „Leaky Gut“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „löchriger Darm“ oder „durchlässiger Darm“. Gemeint ist damit keine sichtbare Verletzung des Darms, sondern eine funktionelle Störung der Darmbarriere: Normalerweise werden die Zellen der Darmschleimhaut durch spezielle Zellverbindungen, sogenannte Tight Junctions, dicht zusammengehalten. So sorgt die Darmschleimhaut dafür, dass nur ausgewählte Nährstoffe ins Körperinnere gelangen, schädliche Substanzen hingegen draußen bleiben.1

Beim Leaky Gut Syndrom ist diese Schutzfunktion gestört: Die Darmbarriere wird durchlässig, sodass Bakterienbestandteile, Toxine oder unverdaute Nahrungsbestandteile vermehrt in den Körper eindringen können. Das Immunsystem reagiert, stille Entzündungen und vielfältige Beschwerden können die Folge sein.1

Welche Symptome und Folgen sind mit einem Leaky Gut verbunden?


Die Symptome eines durchlässigen Darms sind oft unspezifisch, was eine Diagnose erschwert. Typische Beschwerden sind:

  • Verdauungsbeschwerden wie Blähbauch, Völlegefühl, Unverträglichkeiten
  • Allgemeinsymptome wie chronische Müdigkeit, Erschöpfung oder Brain Fog
  • Hautprobleme wie Akne, Ekzeme oder Neurodermitis
  • Geschwächtes Immunsystem und erhöhte Infektanfälligkeit
  • Stille Entzündungen (silent inflammation) 

Darüber hinaus haben Studien Hinweise auf Zusammenhänge zwischen Leaky Gut und verschiedenen Erkrankungen2,3 erbracht:

  • Reizdarmsyndrom
  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
  • Zöliakie
  • Autoimmunerkrankungen (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis, Rheumatoide Arthritis)
  • Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Hauterkrankungen (z. B. Akne, atopische Dermatitis, Psoriasis)
  • Chronische Müdigkeit (Fatigue Syndrom)
  • Psychische Erkrankungen (z. B. Depressionen, Angststörungen)

Ob und in welchem Ausmaß ein Leaky Gut ursächlich an der Entstehung dieser Erkrankungen beteiligt sein könnte, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Dennoch rückt die gestörte Darmbarriere zunehmend als potenzieller Cofaktor in den Fokus der Forschung.


Wie entsteht ein durchlässiger Darm?


Verschiedene Einflussfaktoren können die Darmbarriere beeinträchtigen und einen Leaky Gut fördern. Oft wirken dabei mehrere Faktoren gleichzeitig:

  • Unausgewogene Ernährung: Hoher Zucker- oder Fettkonsum, Zusatzstoffe und Alkohol können die Darmschleimhaut schädigen.
  • Medikamente: Besonders Antibiotika, aber auch bestimmte Schmerzmittel (NSAR wie Ibuprofen) und Magensäureblocker (PPI) beeinflussen sowohl die Darmflora als auch die Schleimhaut.
  • Dysbiose: Eine gestörte Darmflora wirkt sich auf das Darmmilieu aus, fördert entzündliche Prozesse und schwächt die Barrierefunktion.
  • Chronischer Stress: Dauerstress beeinflusst die Versorgung des Darms und kann Entzündungen fördern.
  • Infektionen oder Toxine: Krankheitserreger oder Schadstoffe können die Schleimhaut und die Tight Junctions direkt angreifen.


Wie kann man die Darmbarriere unterstützen?


Die gute Nachricht: Die Darmbarriere kann sich regenerieren, insbesondere wenn belastende Faktoren reduziert und unterstützende Maßnahmen ergriffen werden.4 Je nach individueller Situation und Ausmaß der Schädigung können jedoch einige Wochen bis Monate erforderlich sein. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die natürliche Barrierefunktion des Darms zu stärken:

  1. Darmfreundliche Ernährung 
    Eine ausgewogene Ernährung bildet die Basis. Empfehlenswert sind:
    • Mediterrane Ernährung  
    • Ballaststoffreiche Lebensmittel (z. B. Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte)
    • Gesunde Fette (z. B. aus Avocado, Leinöl oder fettem Seefisch)
    • Entzündungsarme Ernährung (z. B. wenig Zucker, Alkohol und stark verarbeitete Produkte)
  2. Pflege der Darmflora 
    Eine gesunde Mikrobiota unterstützt die Barrierefunktion.
    • Probiotika können helfen, das Gleichgewicht der Darmflora zu fördern.
    • Präbiotische Ballaststoffe fördern das Wachstum der guten Darmbakterien.
  3. Mikronährstoffe für die Darmschleimhaut
    Bestimmte Mikronährstoffe sind essenziell für die Funktion und Regeneration der Darmschleimhaut:
    • Zink spielt eine wichtige Rolle bei der Zellerneuerung und trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.
    • Biotin trägt zur Erhaltung normaler Schleimhäute wie der Darmschleimhaut bei.
    • Vitamin D unterstützt das Immunsystem, das eng mit dem Darm vernetzt ist.
    • Die Aminosäure L-Glutamin gilt in der Fachliteratur als wichtiger Energielieferant für die Zellen der Darmschleimhaut.5,6
  4. Stressreduktion & Lebensstil
    Chronischer Stress beeinflusst die Darmfunktion und kann die Barriere schwächen. Unterstützend wirken:
    • Bewusste Auszeiten im Alltag
    • Entspannungstechniken wie Yoga, Atemübungen oder Meditation
    • Ausreichend Schlaf und regelmäßige Bewegung

Fazit: Die Darmbarriere verdient Aufmerksamkeit

Der Darm ist weit mehr als ein Verdauungsorgan. Er bildet die zentrale Schnittstelle zwischen Außenwelt und Körperinnerem. Wenn diese Barriere geschwächt wird, kann das Auswirkungen auf den gesamten Körper haben.

Auch wenn die Forschung rund um Leaky Gut noch in Bewegung ist, zeigt sich: Wer die Darmbarriere stärkt, schafft eine wichtige Grundlage für Gesundheit und Wohlbefinden. Eine gesunde und vielfältige Ernährung, eine ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen, eine stabile Darmflora sowie ein achtsamer Lebensstil sind effektive Ansätze, um die Regeneration der Darmbarriere zu unterstützen.

FAQ: Häufige Fragen zu Leaky Gut

  • Wie wird Leaky Gut diagnostiziert?

    Es gibt keine offizielle Diagnose nach ICD-Code und keinen standardisierten Labortest, der einen Leaky Gut eindeutig nachweisen kann. In spezialisierten Laboren können jedoch Labormarker wie Zonulin bestimmt werden, um Hinweise auf eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms (erhöhte intestinale Permeabilität) zu erhalten.

  • Kann man die Darmbarriere wieder ins Gleichgewicht bringen?

    Die Darmbarriere kann sich regenerieren, insbesondere wenn belastende Faktoren reduziert und unterstützende Maßnahmen ergriffen werden. Hierzu zählen u.a. eine darmfreundliche Ernährung und der gezielte Einsatz von Mikronährstoffen zur Unterstützung der Darmschleimhaut.

  • Wie lange dauert es, bis sich die Darmbarriere erholt?

    Die Regeneration der Darmbarriere bei Leaky Gut erfolgt nicht über Nacht, sondern braucht Zeit, Geduld und ggf. individuelle Anpassungen. Je nach Ausmaß der Schädigung und individueller Situation können einige Wochen bis Monate erforderlich sein.

Literatur

1.    Macura, B., Kiecka, A. & Szczepanik, M. Intestinal permeability disturbances: causes, diseases and therapy. Clinical and Experimental Medicine 24, 232 (2024).
2.    Camilleri, M. Leaky gut: mechanisms, measurement and clinical implications in humans. Gut 68, 1516–1526 (2019).
3.    Santilli, A., Stefanopoulos, S. & Cresci, G. The gut barrier and chronic diseases. Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care 25, 178–185 (2022).
4.    Camilleri, M. & Vella, A. What to do about the leaky gut. Gut 71, 424–435 (2022).
5.    Wang, B. et al. Glutamine and intestinal barrier function. Amino Acids 47, 2143–2154 (2015).
6.    Achamrah, N., Déchelotte, P. & Coëffier, M. Glutamine and the regulation of intestinal permeability: from bench to bedside. Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care 20, 86–91 (2017).

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