Lupe liegt neben einem gezeichneten Darm

CED, Reizdarm & SIBO: Die wichtigsten chronischen Darmerkrankungen im Überblick

Zahlreiche Menschen leiden regelmäßig unter Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfällen oder Blähungen, doch nicht immer steckt die gleiche Ursache dahinter. Zu den häufigsten chronischen Erkrankungen zählen die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sowie das Reizdarmsyndrom (RDS). Auch die Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO) wird teilweise zu den chronischen Darmerkrankungen gezählt, da sich ihre Behandlung in die Länge ziehen kann und das Rückfallrisiko oft hoch ist. Dieser Beitrag gibt einen kompakten Überblick über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der vier Erkrankungsbilder.


CED: Wenn der Darm dauerhaft entzündet ist


Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) verlaufen schubweise und führen zu wiederkehrenden Entzündungen im Verdauungstrakt.

Die beiden Hauptformen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Beide äußern sich mit einem eigenen Krankheitsbild, aber ähnlichen Herausforderungen für die Betroffenen.

Morbus Crohn kann den gesamten Magen-Darm-Trakt betreffen, von der Mundhöhle bis zum After. Besonders häufig ist der letzte Abschnitt des Dünndarms betroffen. Auffällig ist das sogenannte segmentale Erscheinungsbild: Entzündete Regionen wechseln sich mit gesunden Bereichen ab. Die Entzündung kann alle Schichten der Darmwand durchdringen, dadurch kann es zu Verdickungen, Verengungen und im schlimmsten Fall sogar zu einem Darmverschluss kommen. Zusätzlich sind bei vielen Betroffenen auch andere Organe wie Gelenke, Haut oder Augen betroffen, was die Erkrankung besonders komplex macht.

Colitis ulcerosa hingegen beschränkt sich im Gegensatz zu Morbus Crohn auf den Dickdarm. Die Entzündung beginnt immer im Enddarm und breitet sich kontinuierlich nach oben aus. Im Gegensatz zu Morbus Crohn ist hier ausschließlich die Darmschleimhaut betroffen und nicht die tieferen Schichten der Darmwand. Die Schleimhaut ist gerötet, geschwollen und kann geschädigt sein. Bei besonders schwerem Verlauf kann sich die Entzündung bis in den letzten Dünndarmabschnitt ausdehnen. Bei Colitis ulcerosa sind gelegentlich auch Gelenke, Augen oder die Haut von entzündlichen Veränderungen betroffen. Ein weiterer Aspekt, der bei langjähriger aktiver Erkrankung nicht außer Acht gelassen werden darf, ist ein erhöhtes Risiko für Dickdarmkrebs.

Beide Erkrankungen verlaufen in Schüben. Es wechseln sich also Phasen mit starken Beschwerden und entzündlichen Aktivitäten und Remissionsphasen, in denen sich der Darm beruhigt, ab. Ziel der Therapie ist es daher nicht nur, akute Entzündungen zu behandeln, sondern auch Rückfällen vorzubeugen.

Reizdarmsyndrom: Wenn alles in Ordnung scheint und trotzdem Beschwerden bestehen


Im Gegensatz zu CED liegt beim Reizdarmsyndrom keine nachweisbare organische Entzündung des Darms vor. Trotzdem leiden Betroffene unter erheblichen Beschwerden, die ihre Lebensqualität deutlich einschränken können. Typisch sind anhaltende oder wiederkehrende Bauchschmerzen, Blähungen sowie Veränderungen der Stuhlkonsistenz und -frequenz mit Phasen von Durchfall, Verstopfung oder einem Wechsel zwischen beidem.

Bei der Diagnose des Reizdarmsyndroms handelt es sich um eine Aussschlussdiagnose, d. h. im ersten Schritt wird untersucht, ob es sich z. B. um eine CED oder Nahrungsmittelunverträglichkeit handelt. Können diese Erkrankungen ausgeschlossen werden und sind die drei folgenden Kriterien erfüllt, wird häufig ein Reizdarmsyndrom diagnostiziert.

  • Die Symptome müssen über mindestens drei Monate bestehen, 
  • sie müssen stark genug sein, dass sie Sorgen oder den Wunsch nach medizinischer Hilfe auslösen, und
  • sie dürfen sich nicht durch andere organische Erkrankungen erklären lassen. 

Die Ursachen des Reizdarmsyndroms sind komplex. Eine gestörte Darm-Hirn-Achse, veränderte Darmbewegungen, eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit und auch eine veränderte Zusammensetzung der Darmflora (Mikrobiota) spielen dabei eine Rolle. Häufig beeinflussen auch Stress und emotionale Belastungen die Symptomatik. Eine individuell abgestimmte Ernährung, gezielte Entspannungsverfahren und verschiedene medikamentöse Therapieansätze sowie pro- und präbiotische Präparate können zur Linderung beitragen.


SIBO: Wenn zu viele Bakterien am falschen Ort sind

Hinter dem Begriff SIBO („Small Intestinal Bacterial Overgrowth“) verbirgt sich eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms. Im gesunden Verdauungssystem enthält der Dünndarm eine vergleichsweise geringe Anzahl an Bakterien. Bei SIBO kommt es jedoch zu einer übermäßigen Vermehrung und zwar häufig von Bakterienarten, die eigentlich eher im Dickdarm zu finden sind.

Diese Fehlbesiedlung kann zahlreiche Beschwerden auslösen. Typisch sind ein aufgeblähter Bauch, Bauchschmerzen, Völlegefühl und Veränderungen des Stuhlverhaltens. Besonders kennzeichnend ist das Gefühl, dass sich der Bauch nach dem Essen auch bei kleinen Portionen rasch aufbläht.

Die Diagnose erfolgt oft über einen Atemgastest mit Glukose oder Laktulose, wobei bestimmte Gase in der Ausatemluft Hinweise auf eine bakterielle Fehlbesiedlung geben können. Ähnlich wie beim RDS kann auch beim SIBO die Diagnostik sehr aufwändig und komplex sein. SIBO kann viele Ursachen haben, etwa eine gestörte Darmmotilität, anatomische Veränderungen oder vorausgegangene Infektionen. Auch das Reizdarmsyndrom wird inzwischen häufig mit SIBO in Verbindung gebracht, was die Abgrenzung beider Krankheitsbilder zusätzlich erschwert. Therapeutisch kommen je nach Ausprägung Antibiotika, probiotische Präparate oder auch spezielle Ernährungskonzepte zum Einsatz.


Was bedeutet das für Betroffene?


Bei CED, Reizdarmsyndrom und SIBO handelt es sich um Krankheitsbilder mit teilweise ähnlichen Symptomen, aber sehr unterschiedlichen Ursachen und unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen. Umso wichtiger ist eine präzise ärztliche Abklärung. Denn nur wenn geklärt ist, was hinter den Beschwerden steckt, kann auch eine wirksame und zielgerichtete Behandlung eingeleitet werden.

Während CED durch sichtbare Entzündungen und typische Laborveränderungen gekennzeichnet sind, bleibt das Reizdarmsyndrom in vielen Untersuchungen unauffällig und beruht doch auf sehr realen, teils stark belastenden Symptomen. Bei der Dünndarmfehlbesiedlung gibt es wiederum messbare Veränderungen, aber keine klassischen Entzündungszeichen.

Alle Erkrankungen zeigen, wie komplex das Verdauungssystem ist und wie eng organische, bakterielle und emotionale Faktoren miteinander verwoben sein können. Wer über längere Zeit unter Verdauungsbeschwerden leidet, sollte die Symptome in jedem Fall ärztlich abklären und zielgerichtet therapieren lassen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

  • Sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa heilbar?

    Beide Erkrankungen verlaufen chronisch und können bislang nicht geheilt, aber gut behandelt werden. Ziel ist es, Entzündungsschübe zu verhindern und langfristige Komplikationen zu vermeiden.

  • Wie unterscheidet sich ein Reizdarm von einer entzündlichen Darmerkrankung?

    Beim Reizdarmsyndrom fehlen nachweisbare Entzündungen. Die Diagnose erfolgt vor allem durch den Ausschluss anderer Ursachen. Die Beschwerden können jedoch ähnlich stark sein wie bei CED.

  • Kann SIBO auch bei gesunden Menschen auftreten?

    SIBO tritt häufiger bei Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen oder anatomischen Veränderungen auf, kann aber auch bei gesunden Personen nach Infektionen oder Antibiotikatherapien entstehen.

  • Was hilft bei unklaren Darmbeschwerden am besten?

    Eine umfangreiche diagnostische Abklärung durch einen erfahrenen Arzt oder eine Ärztin und im Anschluss eine individuell angepasste Behandlung, die u.a. Ernährung, Darmflora und Lebensstil berücksichtigt.

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