Was hängt alles mit dem Darm zusammen?

Darm-Hirn-Achse, Darm-Haut-Achse und Co.

Der Darm. Ein Netzwerker.


Denkt man an den Darm, so denkt man zunächst meist an seine offensichtlichste Aufgabe: die Verdauung. Doch tatsächlich leisten der Darm und die dort ansässigen Darmbakterien noch viel mehr.

Über das Blut- und Lymphsystem ist der Darm mit allen Schleimhäuten des Körpers sowie auch anderen Organsystemen verbunden. Heute ist bekannt, dass der Darm über verschiedene Kommunikationswege, beispielsweise über seine enge Verknüpfung mit dem Immunsystem, auch entfernte Organe, wie das Gehirn, die Haut oder die Lunge, beeinflussen kann. Vor allem die Verbindung zwischen Darm und Gehirn, die sogenannte Darm-Hirn-Achse, ist aktuell in aller Munde. Doch auch weitere Verbindungen, wie die Darm-Haut-Achse oder die Darm-Lungen-Achse, werden aktuell erforscht.

Der Darmflora (intestinale Mikrobiota) kommt in dieser Kommunikation eine besondere Rolle zu. Dass die Darmflora essenziell für die Gesundheit des Darms ist, ist schon seit langer Zeit bekannt. Wie wichtig sie jedoch wirklich ist, nicht nur für den Darm, sondern für den gesamten Organismus, wird aufgrund aktueller Erkenntnisse der noch jungen, aber rasant fortschreitenden Mikrobiomforschung immer deutlicher.

Darm-Schleimhaut-Netzwerk


Die Schleimhäute des menschlichen Körpers bilden zusammen eine enorme Oberfläche, über die sie als Grenzfläche in direktem Kontakt mit der Außenwelt stehen. Sie bilden natürliche Schutzbarrieren des Körpers und stehen an vorderster Front, um den Körper vor äußeren Einflüssen und dem Eindringen fremder oder schädlicher Stoffe aus der Umwelt zu schützen. Sind die Schleimhäute hingegen geschwächt, können Krankheitserreger (z. B. Bakterien und Viren) oder Fremdstoffe (z. B. Allergene) leichter in den Körper eindringen. 

  • Die Schleimhäute bilden eine funktionelle Einheit

    Zwischen den Schleimhäuten des Körpers (z. B. im Mund, in der Nase, in der Lunge oder im Darm) besteht eine funktionell enge Verbindung. In ihrer Gesamtheit bilden sie das Schleimhautnetzwerk (engl. MALT = mucosa-associated lymphoid tissue). Um ihre wichtige Barrierefunktion zuverlässig erfüllen zu können, stehen die Schleimhäute in ständigem Austausch miteinander. Sie sind über das Blut- und Lymphsystem direkt miteinander verbunden und eng an das Immunsystem gekoppelt.

    Der Darm ist mit allen Schleimhäuten des Körpers vernetzt.
  • Die besondere Rolle der Darmschleimhaut

    Der Darm steht gewissermaßen im Zentrum dieses Netzwerks, sodass auch vom Darm-Schleimhaut-Netzwerk die Rede ist. Die Darmschleimhaut ist mit einer Oberfläche von ca. 32 m² eine der größten Schleimhäute des Körpers. Außerdem befinden sich im Darm ca. 80 % aller aktiven Immunzellen, in ihrer Gesamtheit auch als Darm-assoziiertes Immunsystem (engl. GALT = gut-associated lymphoid tissue) bezeichnet. Immunologische Prozesse im Darm beschränken sich jedoch nicht lokal auf den Darm, sondern haben Auswirkungen auf das Immunsystem als Ganzes. Vom Darm aus werden alle Schleimhäute mit kompetenten Immunzellen versorgt.

    Erfahre hier mehr zur Bedeutung des Darms für die Schleimhäute und wie du deine Schleimhäute über den Darm unterstützen kannst.

Darm-Hirn-Achse

Etwa 90 % der Kommunikation zwischen Darm und Gehirn gehen vom Darm aus.

Man trifft Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ und schlechte Nachrichten können einem „auf den Magen schlagen“. Heute ist bekannt, dass es tatsächlich eine enge Verbindung zwischen dem Bauch, genauer dem Darm, und der Psyche gibt. Er wird daher auch als das zweite Gehirn oder Bauchhirn bezeichnet.

Der Darm ist mit einem eigenen Nervensystem ausgestattet, dem enterischen Nervensystem. Es besteht aus einem komplexen Geflecht mit rund 100 Millionen Nervenzellen und reguliert u. a. die Bewegung des Darms bei der Verdauung.

Der Darm und die dort ansässigen Darmbakterien können direkt mit dem zentralen Nervensystem und somit mit dem Gehirn kommunizieren. Dieses Kommunikationssystem wird auch als Darm-Hirn-Achse bezeichnet. Der Informationsaustausch verläuft in beide Richtungen. Etwa 90 % der Kommunikation gehen dabei jedoch vom Darm aus.

  • Wie kommunizieren Darm und Gehirn?

    Die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn verläuft über verschiedene Signalwege, z. B.:

    • nerval, d. h. direkt über die Nervenbahnen (vor allem über den Vagus-Nerv),
    • immunologisch, d. h. über das Immunsystem,
    • endokrinologisch, d. h. über Hormone,
    • metabolisch, d. h. über Stoffwechselprodukte, die z. B. von den Bakterien der Darmflora gebildet werden.
  • Steuern Darmbakterien mein Fühlen, Denken und Handeln?

    Die Bakterien der Darmflora scheinen zentral an der Kommunikation zwischen Darm und Gehirn beteiligt zu sein. Hierbei spielen vor allem die von den Darmbakterien produzierten Stoffwechselprodukte eine Rolle. Zu diesen Stoffwechselprodukten zählen biochemische und neuroaktive Botenstoffe, wie z. B. kurzkettige Fettsäuren oder Neurotransmitter wie Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und Serotonin (auch bekannt als Glückshormon).

    Da die Bakterien der Darmflora, d. h. der intestinalen Mikrobiota, direkt an der Kommunikation zwischen Darm und Gehirn beteiligt sind, wird in der Forschung mittlerweile oft nicht nur von der Darm-Hirn-Achse, sondern von der Mikrobiota-Darm-Hirn-Achse gesprochen.

    Ob und vor allem wie spezifische Probiotika, d. h. stoffwechselaktive Bakterienkulturen, die von außen zugeführt werden, Einfluss auf die Darm-Hirn-Achse und somit auf die Psyche nehmen können, wird aktuell noch erforscht. Die eingesetzten Probiotika werden als „Psychobiotika“ bezeichnet.

  • Welche Auswirkungen hat eine Störung der Darm-Hirn-Achse?

    Die rege Erforschung der Darm-Hirn-Achse unterstreicht die Relevanz des Darms und der Darmflora für die psychische Gesundheit. Ist die Darmflora gestört und der Darm „gestresst“, kann sich dies über die Darm-Hirn-Achse negativ auf das allgemeine Stressempfinden sowie die Psyche auswirken.

    Mittlerweile wird eine Störung der Darm-Hirn-Achse mit diversen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Hierzu zählen z. B. das Reizdarmsyndrom, stressbedingte Erkrankungen sowie teils psychische Erkrankungen wie Depression oder neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer. Welche Rolle die Darmbakterien hierbei genau spielen, ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung.

Darm-Haut-Achse


Der Darm und die Haut weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Mit Oberflächen von ca. 32 m² bzw. 2 m² stellen beide große und wichtige Grenzflächen des Körpers zur Außenwelt dar, die ihn vor äußeren Einflüssen schützen. Sowohl der Darm als auch die Haut besitzen außerdem eine dichte, individuelle Mikrobiota, die Darmflora bzw. Hautflora. Mit 99 % der Mikroorganismen weist der Darm zwar die am dichtesten besiedelte Mikrobiota des Menschen auf. Doch auch die Hautoberfläche ist dicht mit nützlichen Bakterien besiedelt, die den Körper schützen.

Darm und Haut bilden somit wichtige Schutzbarrieren des Körpers und stehen vor allem über das Immunsystem in direktem Austausch miteinander. Die Verbindung zwischen Darm und Haut wird auch als Darm-Haut-Achse bezeichnet.

  • Die Haut ist der Spiegel der Seele - und des Darms!

    Die Gesundheit des Darms kann sich direkt auf die Haut auswirken. Verschiedene Erkrankungen, die eigentlich im Darm ihren Ursprung haben, können sich daher auch an der Haut bemerkbar machen. Zu diesen Erkrankungen zählen z. B. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder auch die Zöliakie.

    Darüber hinaus wurde bei verschiedenen Hauterkrankungen beobachtet, dass diese oftmals mit einer Störung des Darms einhergehen. So wurde beispielsweise ein Zusammenhang zwischen der entzündlichen Hauterkrankung Neurodermitis (atopische Dermatitis) und einer gestörten Darmflora aufgezeigt. Ein ungesunder Lebensstil, Stress sowie Medikamente können den Darm und seine Bewohner negativ beeinflussen und ihn aus dem Gleichgewicht bringen. Die Bakterienvielfalt und vor allem die nützlichen Bakterien nehmen ab, potenziell schädliche Bakterien nehmen zu und fördern entzündliche Prozesse, die sich auch an der Haut zeigen können. Diese Zusammenhänge bestärken, dass der Darm und die Haut in direkter Verbindung stehen und die Hautgesundheit auch von der Darmgesundheit abhängt.

    Erfahre mehr darüber, welche Rolle der Darm bei Hauterkrankungen wie der Neurodermitis spielt und wie du deine Haut über den Darm gezielt unterstützen kannst.

  • Über das Immunsystem eng vernetzt

    Der Darm und die Haut sind eng miteinander vernetzt und stehen vor allem über das Immunsystem in direktem Austausch. Im Darm befinden sich etwa 80 % der aktiven Immunzellen. Der Darm stellt somit das Zentrum des Immunsystems dar und versorgt den ganzen Körper, so auch die Haut, mit kompetenten Immunzellen. Die Bakterien der Darmflora sind wichtige Trainingspartner des Immunsystems und spielen für eine regulierte Immunantwort und somit auch für die Darm-Haut-Achse eine wichtige Rolle.

Darm-Lungen-Achse


Auf den ersten Blick scheinen die Lunge und der Darm nicht viel miteinander zu tun zu haben. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass der Darm mit allen Schleimhäuten des Körpers, also auch mit der Lunge, in direkter Verbindung steht (s. o. Darm-Schleimhaut-Netzwerk).

Für den Schutz der Atemwege ist ein zuverlässiges Immunsystem sehr wichtig. Hierbei spielt der Darm eine zentrale Rolle, denn etwa 80 % der aktiven Immunzellen befinden sich im Darm. Über das Blut- und Lymphsystem gelangen die Immunzellen von dort an ihre Einsatzorte, so auch in die Lunge. Der Darm und die Lunge sollten daher im Idealfall gut zusammenarbeiten. Die Verbindung zwischen dem Darm und der Lunge wird auch als Darm-Lungen-Achse bezeichnet.

  • Was hat die Darmflora mit der Lunge zu tun?

    Für die Verbindung zwischen Darm und Lunge spielt die Darmflora (intestinale Mikrobiota) eine besondere Rolle, denn die Bakterien der Darmflora interagieren mit dem Immunsystem. Sie sind zum einen wichtige Trainingspartner der Immunzellen und können zum anderen selbst spezielle Stoffwechselprodukte (z. B. kurzkettige Fettsäuren) bilden, die das Immunsystem beeinflussen. Die Zusammensetzung der Darmflora hat daher einen erheblichen Einfluss auf das Immunsystem.

    Darmbakterien können einerseits das Immunsystem aktivieren. Andererseits können sie das Immunsystem regulieren und überschießenden Immunreaktionen entgegenwirken. Hieraus ergibt sich eine gesunde Immunbalance aus effektiver Abwehr und maßvoller Toleranz. Gerät das Immunsystem hingegen aus dem Takt, können entweder eine mangelhafte Infektabwehr oder aber überschießende Immunreaktionen, wie sie bei Allergien und Asthma auftreten, die Folge sein.

  • Die Rolle der Darmflora bei Allergien und Asthma

    Für die Entwicklung eines regulierten Immunsystems ist vor allem der frühkindliche Kontakt zu Mikroorganismen und der Aufbau einer vielfältigen Darmflora wichtig. Eine Darmflora mit großer Bakterienvielfalt hilft dabei, das Immunsystem auszubilden und eine gesunde Immuntoleranz aufzubauen. Durch den Kontakt zu Mikroorganismen im Kindesalter kann das Immunsystem von Anfang an lernen, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden und entsprechend zu reagieren.

    In der heutigen Zeit kommen Kinder jedoch immer weniger in Kontakt mit Mikroorganismen. Der sogenannten Mikrobiota-Hypothese zufolge, erschwert eine übermäßige Hygiene und der fehlende Kontakt zu Mikroorganismen die natürliche Entwicklung des Immunsystems im Kindesalter. Das Immunsystem wird dann nicht ausreichend trainiert, sondern neigt zu Überreaktionen. Dies geht mit einem erhöhten Risiko für Allergien und Asthma einher.

    Erfahre hier mehr darüber, welche Rolle der Darm bei Allergien spielt.

  • Die Rolle der Darmflora bei der Infektabwehr

    Auch im Sinne der Infektabwehr ist eine gesunde Darmflora wichtig. Die Darmflora hat dabei nicht nur einen maßgeblichen Einfluss auf die Immunantwort im Darm, sondern auch außerhalb des Darms, beispielsweise bei Atemwegsinfekten. Die Bakterien der Darmflora sind wichtige Trainingspartner des Immunsystems und können das Immunsystem stimulieren. Vom Darm aus gelangen die von der Darmflora geschulten Immunzellen über das Blut- und Lymphsystem auch in die Lunge und sind dort aktiv an der Infektabwehr beteiligt.

    Die Corona-Pandemie hat die Forschung rund um die Darm-Lungen-Achse und die Bedeutung der Darmflora noch befeuert. Aktuelle Studien zum Zusammenhang zwischen Darm und Lunge haben bekräftigt, dass die Darmflora hierbei einen relevanten Einfluss haben könnte. So wurde beispielsweise in diesem Kontext aufgezeigt, dass Personen mit einer Covid-19-Infektion, wie auch Personen mit Long-Covid eine weniger vielfältige Darmflora und eine deutlich veränderte Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft aufweisen als Gesunde.

    Erfahre hier mehr über das Immunorgan Darm und warum Abwehrkraft im Darm entsteht.

Gut zu wissen.

Neue Forschungsergebnisse unterstreichen zunehmend die Relevanz des Darms und der Darmflora für die physische sowie psychische Gesundheit.

Störungen des Darm-Ökosystems und vor allem eine gestörte Darmflora, die sich u. a. durch eine Abnahme der Bakterienvielfalt und reduzierte Anzahl nützlicher Bakterien auszeichnet, stehen in Verdacht, die Entstehung zahlreicher Erkrankungen zu begünstigen. Daher ist es umso wichtiger, auf das eigene Bauchgefühl zu achten.


Wie du deinen Darm und deine Gesundheit optimal unterstützen kannst, erfährst du hier.

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